Professorin Dr. Annette Leonhardt ist Inhaberin des Lehrstuhls für Gehörlosen- und Schwerhörigen-Pädagogik an der LMU München. Hier etablierte sie mit großem Einsatz den Modellstudiengang „Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung“. Zu Beginn ihrer Forschungstätigkeiten förderte die Andreas Tobias Kind Stiftung ihre Studie zur Kommunikation hörgeschädigter Kinder in Integrationsklassen“. Seitdem ist viel passiert – 2013 wurde sie für ihr außerordentliches Engagement über universitäre Grenzen hinaus mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Anja Hauser und Hannah Ott haben sie zu ihrem Werdegang befragt.

Frau Leonhardt, welche Bedeutung hatte die Förderung der Kind Stiftung für Ihr damaliges Projekt?

AL: Ich war sehr jung auf einen Lehrstuhl berufen worden, wohl aufgrund meiner hohen Qualifikationen. Zugleich war ich aber – da ich aus der ehemaligen DDR kam – in den alten Bundesländern noch weitestgehend unbekannt. Durch die Kind Stiftung konnte ich 1999 ein Drittmittelprojekt zur Integration von hörgeschädigten Kindern in der Schule starten. Es war ein kleines Projekt, durch das ich zwei Jahre lang eine wissenschaftliche Hilfskraft bezahlen konnte. Die Absolventin, die ich damals einstellte, hat mit den Projektergebnissen dann promoviert und: Aus dem sehr kleinen Projekt ist mittlerweile ein ganzes Forschungsprogramm mit dem Namen „Integration/Inklusion Hörgeschädigter in Allgemeine Einrichtungen“ geworden, das gegenwärtig 19 Teilprojekte (Module) umfasst. Und damit sind die Vorhaben keineswegs abgeschlossen.

Das geförderte Projekt von damals hat also auch heute noch Relevanz?

AL: Ja, die Ergebnisse von damals liefern noch immer wichtige Impulse. Das klein begonnene Projekt hat sich zu einem von zwei großen Forschungsschwerpunkten des Lehrstuhls entwickelt. Der andere Schwerpunkt beschäftigt sich mit der Cochlea-Implantat-Versorgung von gehörlosen bzw. hochgradig hörgeschädigten Kindern gehörloser bzw. hörgeschädigter Eltern. Die Ergebnisse aus dem durch die Stiftung geförderten Projekt fließen aber auch in internationale Kooperations- und Forschungsprojekte ein, z. B. in Japan, Äthiopien und der Slowakei.

Haben Sie eine Zukunftsvision, die Sie mit Ihrer Arbeit verfolgen?

AL: Ich wünsche mir, dass es keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Behinderung gibt. Zudem hoffe ich, dass unsere zahlreichen Forschungsergebnisse in der Praxis Beachtung finden und die Situation von Menschen mit Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit zunehmend verbessern. Forschung soll und muss anwendungsorientiert sein.

 

Kurzbiographie
Annette Leonhardt

Nach ihrem Studium der Hörgeschädigtenpädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin und Erfahrungen als Lehrerin promovierte und habilitierte Annette Leonhardt. 1992 erhielt sie den Ruf auf den Lehrstuhl für Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie führte zahlreiche Forschungsprojekte auf nationaler und internationaler Ebene durch: z. B. zur CI-Versorgung von gehörlosen bzw. hochgradig hörgeschädigten Kindern gehörloser bzw. hörgeschädigter Eltern oder zur Inklusion von Hörgeschädigten in allgemeinen Einrichtungen, insb. Schulen. Des Weiteren arbeitete sie weltweit mit Universitäten u.a. in Japan, der Slowakei und Äthiopien zusammen. Im Filmbeitrag erfahren Sie mehr über ihre Forschungstätigkeiten in Äthiopien.

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