Im Gespräch verrät Herr Neugebauer, wie er spontan den ECHO für soziales Engagement gewann und was solch eine Auszeichnung für die Musiktherapie bewirken kann.

Hannah Ott: Lutz, du bist frisch gebackener ECHO-Preisträger – was für eine tolle Überraschung! Wie fühlt man sich so, mit einem ECHO-Sonderpreis für soziales Engagement in der Hand?

Lutz Neugebauer: Also erst mal auch überrascht. Diese Ehrung kam wirklich unerwartet. Inzwischen konnte ich mich ja ein wenig daran gewöhnen und vor allem die Reaktionen unserer Patienten und des beruflichen Umfeldes erleben. Ich bin sehr stolz.

HO: Wofür hast du den Preis genau erhalten?

LN: Vor 25 Jahren wurde auf meine Anregung hin eine deutsche Stiftung zur Förderung der Nordoff/Robbins Musiktherapie gegründet. Die Idee zu solch einer Stiftung hatte ich mit meinem Studium aus England mitgebracht. Die Zusammenarbeit mit der Musikbranche, einzelnen Künstlern und Unternehmen feiert also dieses Jahr ihr Silberjubiläum. Deshalb hatte ich der ECHO-Jury den Vorschlag gemacht, einige Gründungsmitglieder der Stiftung mit dem ECHO für soziales Engagement zu ehren. Darauf hat sich die Jury dazu entschieden, den Preis mir persönlich zu verleihen. Er ist in mehrerlei Hinsicht besonders: Zum einen, weil er außerhalb der normalen Kategorien als Sonderpreis für die langjährige Zusammenarbeit verliehen wurde. Er steht damit auf gleicher Stufe wie etwa der Sonderpreis, den vor einigen Jahren ‚Jugend Musiziert’ im Bereich der Nachwuchsförderung in der Klassikkategorie erhalten hat. Auch wird er nicht jährlich verliehen wie die anderen ECHOS. Und es ist ein Jury-Preis. Dadurch kommt ihm nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch darüber hinaus eine besondere Aufmerksamkeit zu.

HO: In deiner Rede zur Preisverleihung sagtest du, dass du den ECHO stellvertretend für die gesamte Branche in Empfang nimmst. Meinst du, er kann neben „Ruhm und Ehre“ etwas für die Musiktherapie bewirken?

LN: Ich denke schon. Vor allem, weil dieser Preis nicht an Verkaufszahlen oder einmalige erfolgreiche Aktionen gekoppelt ist. Er zeichnet die Kontinuität der Zusammenarbeit der gesamten Branche aus. Dadurch ist er auch ein politisches Statement des Bundesverbandes der Musikindustrie und ein Bekenntnis zur dauerhaften Übernahme sozialer Verantwortung. Im Hinblick auf die „Wirkung“ ist z.B. die Vernetzung des BVMI mit dem Deutschen Musikrat wichtig. Auch bei weiteren Gesprächspartnern tun sich neue Zugänge und die Erkenntnis auf, dass 25 Jahre freie Finanzierung doch vielleicht in eine politische Initiative zur Absicherung der Musiktherapie und anderer künstlerischer Therapien münden müssen. Besonders gefreut habe ich mich aber über die vielen positiven Rückmeldungen aus dem Kollegenkreis und von ehemaligen Patienten.

HO: Du meintest, dass auch unsere Stiftung einen kleinen Beitrag zum Echogewinn geleistet hat. Welche Geschichte steckt dahinter?

LN: Die vorhin erwähnte Stiftung wurde 1992 gegründet und wie die Andreas Tobias Kind Stiftung in Rechtsform einer Gemeinnützigen GmbH eingetragen. Für eine solche Gründung brauchte man ein Gesellschaftskapital, das dann treuhänderisch auf die Gesellschafter übertragen wurde. Dieses „Gründungskapital“ hatte damals die Andreas Tobias Kind Stiftung als Darlehen zur Verfügung gestellt – und bei dem anfänglichen Erfolg der Nordoff/Robbins Stiftung schnell zurück erhalten. Aber man kann glaube ich sagen, dass es ohne diese „Geburtshilfe“ die großartige Unterstützung in der Musikbranche nicht entstanden wäre. Ich bin deshalb der Familie Kind sehr dankbar, die damit auch ein Teil dieser ECHO Geschichte ist. Ich werde die Trophäe sicher zum Stiftungstag mitbringen, denn ich finde mindestens ein Foto sollte Andreas Tobias Kind mit dem Preis zeigen.

HO: Wo siehst du zurzeit den größten Handlungsbedarf?

LN: Sicher in der politischen Verankerung der Musiktherapie und der künstlerischen Therapien auf allen Ebenen: Berufsgesetz, Kassenfinanzierung, Niederlassungs- und Berufsausübungsrecht. Viele Schritte sind schon getan, Dank der Andreas Tobias Kind Stiftung zum Beispiel im Bereich der Forschung und der persönlichen Entwicklung von Wissenschaftlern. Auch die schulenübergreifende Zusammenarbeit ist der Kind Stiftung zu verdanken und die Veranstaltung des Ausbildungsleitersymposiums, das sie Stiftung unterstützt hat, war ein großer Schritt. Der Weg ist lang, aber er liegt erfreulich klar vor uns. Die Schlaglöcher, in die man fallen kann, sieht man zum Glück zurzeit noch nicht so deutlich.

HO: Herzlichen Glückwunsch noch einmal und vielen Dank für dein enormes Engagement!

LN: Ich habe zu danken, vor allem für die Möglichkeit, auch in dieser Stiftung an Zielen mitzuwirken, die alle Künstlerischen Therapien gemeinsam haben. Diese Stiftung hat – ganz im Sinne von Gabriele und Hellmut Kind – die Kultur des Umgangs miteinander sehr geprägt und wirkt so in die gesamte Berufslandschaft hinein.

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