Veranstalterin Claudia Knoll und Referentin Dr. Karin Schumacher berichten über eine gelungene Fachtagung in Slowenien im Februar 2019

Es war eine Idee, die vor zwei Jahren während der Generalversammlung der Europäischen Musiktherapie-Vereinigung (EMTC) in Ede, den Niederlanden entstand. Gemeinsam mit mehreren Landesvertreter*innen tauschten wir uns am Abend im Foyer über aktuelle Projekte aus. Dr. Tali Gottfried saß neben mir und berichtete von ihrer musiktherapeutischen Arbeit mit Eltern von Kindern mit Autismus in Israel. Die Idee, Eltern in musiktherapeutische Behandlungen jüngerer Kinder miteinzubeziehen, ist nicht neu. Aber hier ging es noch um etwas mehr – es ging um Elternberatungen (Parent-Counselling), die in die musiktherapeutische Methode einflossen. Ein Konzept, das mich sehr bewegte. Ich fragte sie, ob sie nicht einmal nach Slowenien kommen und ihr Konzept vorstellen könnte. Sie sagte zu und so begannen die ersten Schritte der Planung …

Am 16. Februar 2019 war es nun endlich soweit. Gemeinsam mit dem Kulturinstitut der Ungarischen Botschaft in Ljubljana organisierten wir als Institut für Musiktherapie und Supervision ein Internationales Symposium. Neben Dr. Tali Gottfried als Keynotespeaker konnten wir noch einige weitere wunderbare Musiktherapeutinnen gewinnen, die im Bereich Musiktherapie mit Kindern mit Autismus tätig sind. Es wurde ein volles Programm mit Vorträgen, Case-Studies, einer Posiumsdiskussion am Vormittag und Workshops und einer Filmvorführung am Nachmittag. Das Publikum war erstaunlich groß, ca. 80 Teilnehmende aus den Bereichen Musiktherapie, Pädagogik, Sozialer Arbeit und Ergotherapie waren gekommen. Zu unserer großen Freude konnten wir aber auch einige Eltern von Kindern mit Autismus im Publikum begrüßen. Neben vielen slowenischen Teilnehmer*innen reisten auch KollegInnen und Eltern aus Kroatien, Ungarn und Tschechien an.

Dr. Tali Gottfried stellte in ihrem Eröffnungsvortrag vor, wie sie die Eltern von Kindern mit Autismus auf ganz besondere Art in den Therapieprozess involviert. Später am Tage konnte sie auch das von ihr gemeinsam mit Dr. Grace Thompson entwickelte Instrument „MEL-Assessment“ vorstellen, den Einschätzungsbogen „Musik im Alltag“. Pünktlich zum Symposium konnte auch die Slowenische Übersetzung dieses Forschungsinstrumentes veröffentlicht werden. Mittlerweile ist es in acht Sprachen verfügbar (https://mel-assessment.com/).

Es gab einen weiteren spannenden Vortrag von Dr. Karin Schumacher zur Einschätzung der Beziehungsqualität in der Arbeit mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen. Danach reihten sich drei Fallvorstellungen von Musiktherapeutinnen aus Slowenien (Polona Štule), Ungarn (Nikolett Stánicz) und Deutschland (Laura Blauth) aneinander, die viele praktische Aspekte der musiktherapeutischen Arbeit in diesem Bereich veranschaulichten. Alle Vortragenden des Vormittags fanden sich danach auf der Bühne zur Podiumsdiskussion ein und beantworteten viele spannende Fragen aus dem Publikum.

Nach einer sonnigen Mittagspause in der Altstadt Ljubljanas gab es drei parallele Workshops (Dr. Tali Gottfried, Laura Blauth und Dr. Petra Kovacs) und zum krönenden Abschluss des Tages die slowenische Erstausstrahlung des Dokumentarfilmes „Operation Syncopation“ (Regisseur: Maximilian Thomson) über Musiktherapie für Kinder mit Autismus und deren Familien sowie deren Langzeitwirkung. Der Film zeigt Ausschnitte von Musiktherapien im Jahr 2001. 16 Jahre später, im Jahr 2017, wurden Interviews mit den nun erwachsenen Menschen mit Autismus und ihren Eltern über diese Musiktherapien gezeigt. Musiktherapeutin für diese Kinder und Familien war Professorin Dr. Amelia Oldfield von der ARU Cambridge. Ein unglaublich bewegender Film, der Einblicke in die besondere Wahrnehmung von Menschen mit Autismus und in die Bedeutung von Musiktherapie für die Familien, insbesondere die Eltern von Kindern mit Autismus, gibt.

Im Rahmenprogramm gab es musikalische Beiträge von slowenischen Musikschulschülern mit Autismus und von Studierenden des Institutes für Musiktherapie und Supervision. Zufriedene OrganisatorInnen dieses Symposium sind: Špela Loti Knoll, Polona Štule und Claudia Knoll.

Im Anschluss noch einige Eindrücke zum Symposium aus der Sicht von Dr. Karin Schumacher

Claudia und Špela Knoll hatten dieses Treffen in Ljubljana bestens organisiert. Referate, Workshops und Podiumsdiskussionen zeigten, dass heute die Einbeziehung der Eltern, die Ressourcenorientierung, im Mittelpunkt der Behandlung von Kindern mit Autismus steht. Besonders eindrucksvoll zeigte dies auch der Dokumentarfilm über die Arbeit von Professor Amelia Oldfield. Die Musiktherapeutin gehörte zu einer der ersten, die die Mütter in ihre musiktherapeutische Arbeit involvierten und die eine Befragung zur Erinnerung an die Musiktherapie nach Jahren durchführte. Weiterhin offen blieben die wichtigen Fragen, wie Autismus früher erkannt und noch gezielter musiktherapeutisch behandelt werden könnte. Müssen all die bekannten Symptome überhaupt so ausgeprägt in Erscheinung treten? Könnten nicht gerade mit musiktherapeutischen Interventionen noch früher Eltern und Kinder in Beziehung gebracht werden? Ein anregendes Publikum diskutierte mit den Fachleuten.

Historisch interessant ist, dass das Ende der 60er Jahre in Zagreb von Dr. med. Darko Breitenfeld organisierte erste internationale Symposium, das damals Juliette Alvin aus London, Alfred Schmölz aus Wien, Serafina Poch aus Barcelona, Harm Willms und Hans-Peter Reinecke aus Berlin u.v.a. erstmalig zusammenführte, zu keiner Weiterentwicklung geführt hat. Das Institut Knoll ist in dieser Region heute der einzige Ort, an dem Musiktherapie gelehrt wird und es war eine Freude diesen Ort mit unserem Wissen bereichern zu dürfen.

 

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